Es ist eine ungewöhnliche Kombination zweier doch so unterschiedlicher Länder - Mauritius möchte ich mit einem Mietwagen erkunden und im Anschluss auf Rundreise durch Madagaskar gehen. Ich freue mich auf die Natur und Tierwelt und bin gespannt, mit welchen Eindrücken ich nach Hause zurückkehren werde.
Und das habe ich auf Mauritius und Madagaskar erlebt:
1.-2. Tag: Anreise nach Mauritius
Da der Flug nach Mauritius erst am frühen Abend geht, bleibt genug Zeit für eine entspannte Anreise nach Frankfurt. Erstaunlicherweise ist es mir auf Anhieb gelungen, das erforderliche Maximalgewicht pro Gepäckstück von 23 kg einzuhalten, so dass ich nicht - wie schon oft zuvor - umpacken muss. Nichts ist peinlicher, als mit hochrotem Kopf hektisch im auf dem Boden ausgebreiteten Koffer zu wühlen und letztlich doch daran zu scheitern, weil man einfach auf nichts verzichten wollte. Viel lieber beobachte ich eine solche Szene und kann mir ein Lachen dabei nicht verkneifen.
Unser erster Flug geht mit Turkish Airways nach Istanbul. Normalerweise ist es in Flugzeugen ja meistens etwas zu kalt, so dass einem die Erkältung im Urlaub quasi schon sicher ist. Diesmal jedoch herrschen an Bord Temperaturen, als wäre die Kühlung ausgefallen. Auch im zweiten Flieger trocknen einem fast die Augäpfel ein, wenn man - wie ich - in nahezu aufrechter Sitzposition mit angewinkelten Beinen partout nicht in den Schlaf finden will. Ermattet klicke ich mich durch das Bordprogramm, löse Sudoku und checke zum gefühlt tausendsten Mal, ob sich das animierte Flugzeug inzwischen schon etwas näher an Mauritius heranbewegt hat.
Nach fast zehn Stunden Flug ist es dann endlich soweit und Mauritius taucht in seiner ganzen Pracht unter uns auf, umgeben von türkisfarbenem Wasser. Von oben sieht die Insel, deren vulkanischen Ursprung man sehr gut erkennen kann, recht dünn besiedelt aus. Und auch beim anschließenden Transfer mit einem Minibus in unser Badehotel im Nordwesten der Insel fahren wir nur selten durch größere Ortschaften.
Im Hotel "Ravenala Attitude" angekommen, freue ich mich einfach nur noch auf mein Zimmer, das in Poolnähe in einer weitläufigen, gepflegten Anlage liegt. Nach einer wohltuenden und erfrischenden Dusche fühlt man sich gleich wieder als Mensch und ich nutze die Zeit, um noch etwas die Hotelanlage zu erkunden. Die Pools sind riesig, umgeben von vielen Palmen und ganz vielen Sitz- und Liegemöglichkeiten. Es gibt mehrere Restaurants, die meisten verlangen jedoch eine vorherige Reservierung. Die Gruppe, bestehend aus insgesamt 11 Reisenden, begnügt sich an diesem Abend mit einem Abendessen in Büfettform, bei dem kein Wunsch offen bleibt.
3. Tag: Der Urlaub im Paradies kann beginnen!
Nachdem ich gestern bereits die Hotelanlage erkundet hatte und ich auch nicht so gerne am Pool herumliege, bis ich gut durch bin, geht es für mich heute zeitig zum Frühstück. Ich habe mir nämlich einen Mietwagen organisiert und möchte so ein wenig die Insel erkunden. Eigentlich hatte ich ja auch ein Navi mitgebucht, aber dieser Teil meiner E-Mail wurde offenbar nicht gelesen. Also, denke ich mir, werde ich es eben ohne schaffen, schließlich gibt es hier ja nicht so viele Straßen, sieht man einmal von den Städten ab. Wenigstens kann ich dem Fahrer eine Übersichtskarte von Mauritius abringen - immerhin sind da die größeren Straßen eingezeichnet. Und - ach ja, fast hätte ich es vergessen - auf Mauritius herrscht Linksverkehr. Man erkennt also den Touristen auf Anhieb an den irrtümlich bedienten Scheibenwischern beim Abbiegen…
Meine erste Station sollte der Botanische Garten in Pamplemousses sein. Natürlich hätte mir ein Guide liebend gerne jeden Baum, Strauch und Blume in einem erschöpfenden Monolog nahegebracht, aber ganz so neugierig wollte ich dann doch nicht sein. Der Garten ist echt sehenswert und schön gepflegt, überall fliegen bunte Vögel herum, es gibt einige Elefantenschildkröten, die auf ihrer Anlage im Wettstreit nach dem letzten Grashalm sind und Tümpel mit riesigen Seerosenblättern.
Als nächstes wollte ich einfach die Küste entlang fahren und immer mal wieder an einer schönen Bucht oder einem schönen Strandabschnitt anhalten. Ich habe mich heute auf den Küstenabschnitt im Norden beschränkt, hier ist der Indische Ozean etwas rauer und recht große Wellen laden nicht unbedingt zum Baden ein, oft ist dies auch gar nicht erlaubt. Besonders reizvoll ist auch das Landesinnere, hier führen oftmals sehr schmale Straßen vorbei an roter Erde, blühenden Bäumen und Zuckerrohrplantagen.
Gerne hätte ich die Aussicht noch viel mehr genossen, aber als Fahrer im Linksverkehr in fremder Umgebung und mit überholenden Mofas von links und rechts, so manchem Kreisverkehr, in dem das Recht des Stärkeren zu gelten scheint und Bodenwellen, die teilweise unvermittelt auftauchen, ist das nur bedingt möglich. Auch kann man leider nicht einfach irgendwo anhalten, wenn man sich nicht das Bodenblech ruinieren möchte. Also fahre ich eben.
Und ich hätte es bestimmt bis zum letzten Meter genossen, wenn nicht langsam die Nacht hereingebrochen wäre, verbunden mit einem Regen. Endlich konnte ich den Scheibenwischer mal richtig einsetzen. Wer allerdings in Deutschland schon nachtblind ist, der wird nicht zum Adler in Mauritius. Es war eigentlich ein reiner Blindflug, der nicht enden wollte, weil ich nun einmal Straßenschilder, Straßenbeleuchtung und am besten beides in Kombination, also beleuchtete Straßenschilder, benötige, um sicher nach Hause zu finden. Erwähnte ich schon, dass ich kein Navi hatte? Dass auch meine Offline-Karte auf dem Handy nicht funktionierte? Dass ich langsam immer frustrierter und verzweifelter wurde?
Ich kann nur davor abraten, in Mauritius mit einem Mietwagen in der Nacht zu fahren! Um es abzukürzen: irgendwann, so gegen kurz nach acht Uhr abends (ich wollte eigentlich spätestens um 6 im Hotel zum Abendessen sein), warf ich sämtliche Sicherheitsbedenken über Bord und engagierte einen unbedarften Mann von der Straße. Und wie es so ist, in einer dunklen Seitenstraße, wenn plötzlich der Tourist im Mietwagen links ranfährt - gleich hatte ich drei freundliche Gestalten in meinem Seitenfenster und mindestens vier Hunde tauchten auf, die an ihren Gesäugen schwer zu schleppen hatten.
Ich dachte kurz an Raub, Totschlag oder zumindest eine unfreiwillige Organspende, aber nichts davon passierte. Zum Glück, denn die Herren waren sehr freundlich und hilfsbereit. Und ich war auch gar nicht daran interessiert, was da auf Französisch wohl über mich gesprochen wurde, ich wollte einfach nur nach Hause, wenn ich mein Hotelzimmer mal so bezeichnen darf.
Visham, mein neuer Freund und jetzt Beifahrer, geleitete mich letztlich gegen 21.30 Uhr ins Hotel, natürlich nicht ohne vorher "etwas" dafür entlohnt zu werden, schließlich ist nur Bares Wahres. Zum Glück gab es noch Abendessen für mich, so dass der Tag doch noch ein positives Ende fand. Viele schöne Fotos sind der beste Beweis dafür. Gute Nacht!
4. Tag: Wanderung auf den Le Morne Brabant
Gleich nach dem Frühstück geht es für mich schon wieder los auf die Straße, mein Ziel heute: der berühmte Felsen im Süden der Insel, Le Morne Brabant. Außerdem wollte ich mir bei der Gelegenheit auch gleich noch die "Siebenfarbige Erde" bei Chamarel anschauen und natürlich wieder den einen oder anderen schönen Strandabschnitt besuchen. Inzwischen redete auch Google Maps während der Fahrt mit mir, so dass ich mich gleich viel sicherer fühlte.
Die Fahrt zum südlichsten Zipfel von Mauritius sollte knapp 1.5 Stunden dauern. Etliche Kreisverkehre später, erreichte ich schließlich mein erstes Ziel und mit mir dunkle Regenwolken. Für die letzten 1.5 Kilometer zum Parkplatz am Fuße des Felsen braucht mein eigentlich einen Geländewagen, will man keinen Achsbruch erleiden. Ich fahre allerdings einen kleinen weißen Kia und muss bei jedem größeren Schlagloch fürchten, dass der kleine Südkoreaner vom Boden verschluckt wird.
Am Parkplatz muss man sich vor dem Aufstieg namentlich in eine Liste eintragen, dann kann es losgehen und 556 Meter wollen erklommen werden. In Serpentinen geht es langsam nach oben, insgesamt steht auf einem Schild etwas von 3.5 Kilometer. Dreieinhalb Kilometer können ganz schön steil sein. Ich habe relativ schnell festgestellt, dass ich nicht als Berggämse tauge und außerdem die falschen Schuhe anhabe. Gerade auf nassen Steinen ist das Risiko recht hoch, dass man ausrutscht und schneller wieder unten ist, als einem lieb sein kann. Ein Jogger in seinem besten Alter zieht an mir vorbei als wäre es ein Spaziergang – wie demütigend.
Aber auch ich schaffe es schließlich bis zu dem Bereich auf dem Berg, an dem Warnschilder auf professionelle Guides verweisen, denn die nächste Etappe beinhaltet wohl Klettereien am Felsen. Alles in allem hat man aber auch von hier aus schon eine tolle Aussicht auf die verschiedenen Buchten und die vorgelagerten Korallenbänke. Wieder fängt es an zu regnen und der Abstieg wird noch einmal eine besondere Herausforderung.
Unten angekommen, hat es sich leider komplett eingeregnet. Und zwar so stark, dass die Scheibenwischer auf höchster Stufe hin-und herfliegen (und nicht nur beim Abbiegen). Trotzdem ist die Sicht eher bescheiden. Es macht daher keinen Sinn, mein nächstes Ziel, die "Siebenfarbige Erde" heute anzufahren. Dort würde ich garantiert nur durch die Gegend stolpern. Also beschließe ich, heute schon etwas früher zurück ins Hotel zu fahren. Mein Handy hat zum Glück noch genug Saft und redet bis zu den Hotelpforten mit mir. Jetzt freue ich mich auf das Abendessen!
5. Tag: Abenteuertrip und "Siebenfarbige Erde"
Meine Nacht wurde jäh gegen 2 Uhr unterbrochen, denn ich hörte im Badezimmer das Wasser laufen. Tatsächlich handelte es sich in diesem Stadium ganz wortwörtlich um ein Bade-Zimmer, der Boden war bereits geflutet und von der Decke tropfte es wie in einer Tropfsteinhöhle. Also wurde kurzerhand einer der Mülleimer zweckentfremdet und die Rezeption informiert.
Gegen halb drei befand ich mich - mit dem Notwendigsten ausgestattet - am anderen Ende der Hotelanlage in einem sogenannten Riverside-Zimmer, wo ich den Rest der Nacht verbrachte. Am Tag wolle man den Wasserschaden durch ein geplatztes Rohr im Deckenteil beheben.
Gegen acht machte ich mich nach dem Frühstück wieder mit dem Mietwagen auf in Richtung Süden, um dort die "Siebenfarbige Erde", den in der Nähe befindlichen Wasserfall sowie den Abenteuerpark Casela zu besuchen. Diesmal wählte ich die Route durch den Black River Gorges Nationalpark, eine enge, kurvenreiche Straße führt hier durch wunderschöne Landschaften zur "Siebenfarbigen Erde". Es lohnt sich allemal, hier ab und zu anzuhalten und die einzigartige Natur zu genießen! Leider bin ich Fahrer und Passagier in einem und die Augen können nicht gleichzeitig auf der Straße, der Offline-Karte im Handy und dem Wegesrand sein.
Zuerst ging es zum Wasserfall von Chamarel, der hier etliche Meter ins Grüne hinabstürzt. Bereits jetzt ist die rotgefärbte Erde allgegenwärtig und die Vegetation, bestehend aus verschiedensten Palmen, Bananenstauden und blühenden Sträuchern sehr abwechslungsreich.
Die "Siebenfarbige Erde" erreichte ich mit einem Bus Asiaten, die ihre Begeisterung gar nicht zügeln konnten. Je nach Lichteinfall leuchtet die Erde in verschiedenen Rot- und Brauntönen, ich fühle mich an die Kalahari in Namibia erinnert. Mindestens genauso bunt sind die vielen Vögel, die in der Nähe des Cafés auf einen kleinen Happen spekulieren, während die Elefantenschildkröten entweder fressen oder mit lautstarker Nachwuchsplanung beschäftigt sind. Was soll man auch sonst machen als Schildkröte?
Mein nächster Halt ist im nahegelegenen Abenteuerpark Casela. Ich liebe ja alles, was irgendwie mit Höhe, Geschwindigkeit und Abenteuer zu tun hat. Die Eintrittspreise sind stolz, vor allem, weil jedes Extra, also zum Beispiel Zip-Lanes, mit Löwen laufen etc. zusätzlich kostet. Ich entscheide mich für das Paket "Mountain Activities", bestehend aus Zip-Lanes und einer Überbrückung einer nepalesischen Brücke. Kurzum: über eine tiefe Schlucht sind hintereinander der Länge nach schmale Brettchen gespannt, links und rechts gibt es in Armhöhe Halteseile und man ist natürlich mit einem weiteren Seil gesichert.
Ich bin schwindelfrei und die Höhe hat mir nichts ausgemacht, aber es ist ein komisches Gefühl, wenn dann unten die Löwen brüllen, die es ebenfalls im Park gibt. Außerdem fliegen riesige Fledermäuse unter einem durch die Schlucht. Im Anschluss führen mehrere Zip-Lanes von der einen zur anderen Seite der Schlucht, was wirklich Spaß macht. Nebeneffekt bei Regen: man wird von oben bis unten mit braunen Flecken gesprenkelt. Ich hatte noch nie so viele "Sommersprossen".
So gezeichnet, sitze ich schließlich im Auto, denn die Rückfahrt dauert wieder fast 1.5 Stunden. Ich sehne mich nicht nur nach einer erfrischenden Dusche, sondern auch nach dem Abendessen. Stattdessen ist der Wasserschaden in meinem ursprünglichen Zimmer immer noch nicht behoben. Letztlich wechsele ich heute also in mein drittes Hotelzimmer und hoffe inständig, dass ich jetzt endlich angekommen bin. Lassen wir uns überraschen, was die kommende Nacht bringt.
6. Tag: Fahrt zu verschiedenen Stränden von Mauritius
Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der Erholung, schließlich hatten die letzten Tage ihre Spuren hinterlassen. Ich habe einen Ausflug an die Strände von Trou aux Biches, Mont Choisy und Grand Baie im Norden unternommen. Da ich den Mietwagen am frühen Nachmittag zurückgeben musste, habe ich den Nachmittag im Hotel verbracht.
Was das Hotel "Ravenala Attitude" anbelangt, bin ich leider zwiegespalten. Optisch überzeugt das 4-Sterne-Hotel sofort. Die Anlage ist gepflegt, fast schon etwas zu groß. Es gibt jedenfalls unzählige Rückzugsmöglichkeiten, am Strand, den Pools, im weitläufigen Garten. Die Zimmer sind geräumig und sauber - schließlich habe ich insgesamt drei verschiedene Zimmer bewohnt.
Was ich schade finde, ist - denke ich - eher ein Management-Problem. Wie kann es sein, dass man unweit der Bar fast drei Stunden verbringen kann, ohne auch nur einmal nach einem Wunsch gefragt zu werden? Mitarbeiter gibt es jedenfalls genug und das Hotel ist auch nicht ausgebucht. Bei der heutigen Sega-Tanzvorführung dasselbe Bild: die Kellner bieten keine Getränke an. Vermutlich liegt dieses "Serviceverhalten" darin begründet, dass die einzelnen Angestellten kein Bargeld entgegennehmen dürfen, es befindet sich lediglich an der Rezeption eine Tip-Box - ob so das Trinkgeld beim gewünschten Mitarbeiter landet, darf zumindest in Frage gestellt werden. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass es aber durchaus auch einzelne andere Mitarbeiter im Service gibt, die aktiv auf die Gäste zugehen, Smalltalk betreiben und aufmerksam sind.
Sicherlich kann ein Wasserschaden im Zimmer mal vorkommen. Es ist für mich auch kein Problem, die Nacht in einem anderen Zimmer zu verbringen, wenn mir zugesichert wird, dass am Tag die Reparatur erfolgen wird. Als ich am Abend von meinem Ausflug zurückkomme, finde ich als Entschuldigung eine gekühlte Weinflasche in meinem Zimmer, was ja eine schöne Geste ist. Leider erweckte das Badezimmer aber keinesfalls den Eindruck, dass hier ein Monteur gewesen sein könnte. Sogar das Deckenteil war noch genauso gelockert, wie es der Mitarbeiter in der Nacht verlassen hatte. Der Boden war klatschnass, es tropfte immer noch, sogar der von mir zweckentfremdete Mülleimer stand unverändert und klatschnass in der Pfütze.
Wäre ich Hotelmanager, würde ich spätestens jetzt dafür sorgen, dass im nunmehr dritten Zimmer alles zur vollen Zufriedenheit des Gastes ist. Mein neues Zimmer liegt hingegen einen Steinwurf von den Lagerräumen und der Küche entfernt - das Personal schiebt bis Mitternacht mit großen Wägen neue Getränkekisten über den Steinboden an meinem Zimmer vorbei. Dabei wird laut gesprochen, gelacht und gerufen. Als ich den ganzen Tag unterwegs war, hat mich das nicht weiter gestört. Heute ist es aber besonders auffällig, ich habe manchmal den Eindruck, dass dem Personal gar nicht bekannt ist, dass auch in diesem Bereich der Anlage Gäste untergebracht sind - denn sonst würden sie sich doch bestimmt angemessener verhalten, oder?
Mann, wenn ich meine Zeilen noch einmal lese, komme ich mir gleich viel älter vor. Andererseits bin ich aus anderen 4-Sterne-Hotels eben mehr Service und Aufmerksamkeit gewohnt. Von der Lage des Hotels, das wirklich ohne Mietwagen weitab von Einkaufsmöglichkeiten liegt, möchte ich gar nicht anfangen. Und Mauritius ist eine wunderschöne Insel, die man unbedingt mit einem Mietwagen entdecken sollte. Nichtsdestotrotz: ich freue mich auf den morgigen Transfer zum Flughafen und die Rundreise durch Madagaskar.
23.12 Uhr, wieder passiert ein Getränkewagen den Flur vor meinem Zimmer und Kisten werden in Abstellräume verladen. Na dann gute Nacht!
7. Tag: Flug nach Antananarivo in Madagaskar
Abreisetag in Mauritius, kurz vor elf Uhr erfolgt der Transfer zum Flughafen im Süden der Insel. Noch einmal ziehen Zuckerrohrplantagen, schöne Alleen und das emsige Großstadttreiben an uns im Wechsel vorbei. Die Mehrheit der Gruppe hat nur einen Ausflug in den Süden gemacht, andere waren mit dem Schnellboot unterwegs und haben die einmalige Unterwasserwelt beim Schnorcheln im Meer erkundet. Die restlichen Tage haben sie aber in der Hotelanlage verbracht und so von der schönen Insel nicht viel gesehen. Daher versuchen sie jetzt während der Fahrt ein paar Eindrücke einzufangen. Ach, wie ich mich über die vielen schönen Bilder und Eindrücke freue, die ich mit nach Hause nehmen werde.
Unser Flug nach Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, vergeht nicht nur im übertragenen Sinne wie im Flug. Dafür beginnt der abenteuerliche Teil der Reise bereits beim Passieren der einzelnen Kontrollpunkte. Zuerst heißt es ein Visum besorgen, das 25 Euro kostet. Hier bilden sich bereits chaotische Schlangen, weil drei Frauen eng in einem Schalter zusammengepfercht die Visa erstempeln. Puh, geschafft.
Jetzt geht es im für jeden Flughafen typischen Zickzacklauf durch eine von Absperrbändern geteilte Vorhalle. Die Luft ist erfüllt von einer extremen Schwüle und dem Geruch von Malerarbeiten, die im hinteren Drittel zu beobachten sind. Ab jetzt herrscht Chaos. Es ist nämlich nicht ersichtlich, welcher Schalter für die Einheimischen und welcher für Touristen gedacht ist. In einem Eck sitzen wiederum eingepfercht insgesamt vier Polizisten, die eine strikte Aufgabenteilung haben. Einer nimmt die Pässe der Menschenmenge ab und gibt sie weiter an einen der Kollegen. Dieser legt den Stapel vor sich ab und beginnt nun damit, jeden einzelnen Namen in sein System einzugeben, denn es könnte ja ein Schwerverbrecher im Raum sein - diesen müsste man dann allerdings in der wartenden Meute erst einmal ausfindig machen.
Hier wechseln bereits einzelne Pässe mit einem Geldschein den Tresen, um den Vorgang ein wenig zu beschleunigen. Ausländische Pässe landen aber irgendwo hinter der Tastatur. Irgendwann macht ein dritter Beamter dann einen Stempel in den Pass. Wieder wird gestapelt. Ein vierter Beamter entnimmt dem Pass die im Flugzeug ausgefüllte Einreiseerklärung und versieht den Stempel mit einer Unterschrift. Ich glaube, in Madagaskar herrscht Vollbeschäftigung.
Unsere Koffer haben inzwischen unzählige Runden auf dem Gepäckband gedreht. Kaum hat man seinen Koffer heruntergewuchtet, springen einem Männer in gelben Jacken zur Seite und beanspruchen den Koffer für sich. Nur mit einem gewissen Durchsetzungsvermögen gelingt es uns, den jungen Männern wieder die Koffer abzunehmen. Wie sich wenige Meter später herausstellt, wollen die "Kofferträger" natürlich Trinkgeld, selbst wenn sie auch nur ganz kurz den Koffer berührt haben. Auf meine Antwort hin, ich habe noch keine einheimische Währung, sagte man mir direkt, dass auch zehn Euro völlig okay seien…
Aber auch unabhängig von diesem Zwischenfall wird uns schnell klar, dass wir in einem Land gelandet sind, in dem große Armut herrscht. Sofort kommen bettelnde Kinder an den wartenden Bus beziehungsweise werden uns Hände entgegengestreckt, wenn der Bus auf der Straße mal zum Stillstand kommt. Unser Reiseleiter warnt uns auch ausdrücklich vor der Kriminalität in der Hauptstadt, vor allem Taschendiebstahl sei hier nicht außergewöhnlich. Uns ist aber unabhängig davon die Lust vergangen, einen Fuß aus dem Hotel "Le France" zu setzen, da die Gegensätze einfach zu krass sind. Ich war trotz meiner langjährigen Afrika-Erfahrungen echt geschockt. Wir können so dankbar sein, dass es uns doch verhältnismäßig gut geht.
Die Hotelzimmer sind landestypisch, zumindest würde es so im Reisekatalog beschrieben werden. Das Abendessen als Menü hat mich dann doch positiv überrascht. Jetzt liege ich auf einer steinharten Matratze und bin gespannt, was mich morgen erwartet.
8. Tag: Welcome in Africa!
Die erste Nacht in Madagaskar liegt hinter mir und ich frage mich, ob es auf dem blanken Fußboden wohl genauso hart gewesen wäre. Jedenfalls behält die Matratze auch nach dem Aufstehen ihre über Jahre eingelegene Liegemulde bei. Die morgendliche Dusche nehme ich in Büßerhaltung ein, denn die Brause braust allenfalls in Schulterhöhe. Der Wasserstrahl ist bei kaltem Wasser wesentlich stärker als bei warmem Wasser, aber wer möchte schon früh am Morgen warm duschen?
Nach dem Frühstück begrüßen uns Reiseleiter Dauphin und Busfahrer Sony zur gemeinsamen Rundreise durch ihre Heimat. Die ersten Eindrücke der Hauptstadt Antananarivo sind durchwachsen. Man hat das Gefühl, alle Einwohner dieser 2 Millionen-Stadt befinden sich auf der Straße. Schon jetzt weiß ich, dass ich in dieser Stadt keinen Meter selbst mit dem Auto fahren wollte. Sony lenkt den Bus gekonnt durch die engen Straßen, in denen oft das Recht des Stärkeren zu gelten scheint.
Als wir die Stadt verlassen, verändert sich das Landschaftsbild merklich. Wir ziehen an vielen Reisterrassen vorbei und es gibt wirklich kein Stück Land, auf dem nicht irgendjemand körperlich hart und mit einfachsten Mitteln arbeitet. Dabei wird der vulkanische Boden mit Spaten bearbeitet.
Sobald der Bus an einem Aussichtspunkt anhält, gibt es bei den vielen Kindern am Wegesrand oder auf den Feldern kein Halten mehr. Aus allen Himmelsrichtungen strömen sie barfuß über Stock und Stein in der Hoffnung, von uns Süßigkeiten oder etwas Geld zu erhalten. So sind wir in Kürze von einer Heerschar von Kindern umringt. Auffallend dabei ist, dass sie alle ärmlich angezogen sind und schon lange keine Dusche mehr gesehen haben, denn hier dient allenfalls ein Fluss oder See zur Säuberung. Es fühlt sich ganz komisch an, wenn man diesen armen, jungen Menschen entgegentritt.
In Antsirabe besichtigen wir eine Steinschleiferei. Im Anschluss geht es nach Ambositra, wo wir eine Werkstatt für Holzschnitzerei besuchen. In beiden Fällen arbeiten die Männer und Frauen mit einfachen Geräten an kleinen Figuren aus Stein oder Holz. Wir verbringen die Nacht im "Artisan Hotel", das sich in puncto Qualität der Matratze und Dusche nahtlos in die bereits gemachten Erfahrungen einreiht. Dafür ist die Anlage mit einigen blühenden Pflanzen ausgestattet und zum Abendessen gibt es, was die Karte hergibt. Ich freue mich über Tagliatelle Carbonara. Ein Konzert aus Hundegebell wiegt mich in den Schlaf.
9. Tag: Lemuren, Chamäleons, Frösche und Schlangen
Kurz nach dem Frühstück befinden wir uns wieder auf der Straße in Richtung Ranomafana Nationalpark. Am Vormittag besuchen wir den Markt der Einheimischen und wagen uns damit ins dichte Getümmel. Es ist wirklich sehenswert, was da alles angeboten wird. Von Obst und Gemüse über Kleidung und Schuhen bis hin zur Unterhaltungselektronik und lebenden Tieren – es gibt nichts, was es nicht gibt. Solch ein Markt ist ein Event für alle Sinne, auch wenn man sich ab und an eine akute Rhinitis, also Schnupfen, wünscht. Besonders wird der Europäer auf die Probe gestellt, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Fleisch und Fisch hier nicht gekühlt werden und stattdessen als Nährboden für Mücken aller Art dienen. Dem Tierfreund hingegen zerreißt es das Herz beim Anblick der vielen an den Beinen lebendig zusammengeknoteten Hühner, Enten und Gänse. Ja, es ist einfach eine andere Welt.
Wie uns Dauphin erklärt, ist es aber streng verboten, einen Lemuren zu fangen oder gar zu töten. Durch die Abholzung der Wälder haben hier bereits viele Lemuren ihren Lebensraum verloren, sodass sie jetzt in den Nationalparks einem besonderen Schutz unterliegen. Im Dorfreservat Ankazomivady begeben wir uns dann mit zwei einheimischen Guides in den Wald, um unsere ersten Lemuren aufzuspüren. Dass das gar nicht so einfach ist, wird uns schnell klar, denn der Besuch des Dorfreservats ist leider für uns nicht mehr als eine Waldwanderung. Lediglich ein Chamäleon lässt sich noch am Ausgang gut getarnt in einem Busch aufspüren.
Die Mittagspause verbringen wir in einem schön gelegenen Lokal, wo uns obendrein traditioneller Tanz und Gesang vorgestellt werden. Das Essen ist reichlich und reicht von Reis, Bohnen, Salaten und leckeren Fleischspießen bis hin zu einer Früchteplatte.
Weiter geht es ins Hochland des Ranomafana Nationalparks. Die Landschaft wird grüner und felsiger. Wir halten mitten im Park, auf der einen Seite der Straße befindet sich ein Wasserfall, auf der anderen Seite der Straße ein grüner, feuchter Felsenhang, der bei genauerem Hinsehen allerhand Leben beherbergt. Zwischen wilden Orchideen und etlichen anderen Pflanzen finden wir verschiedene Frosch- und Spinnenarten.
Wir beziehen unsere Zimmer im "Ihary Hotel", das direkt an einem Fluss liegt. Die Betten befinden sich zwar unter Moskitonetzen, aber offenbar gibt es zu dieser Jahreszeit keine Stechmücken, denn keiner von uns wurde bislang gestochen. Wir sind darüber nicht unglücklich, denn direkt am Wasser oder im Dschungel rechnet man eigentlich damit.
Noch vor dem Abendessen geht es dann auf Nachtwanderung – sie führt uns entlang der Straße mit Blick in den angrenzenden Dschungel. Anfangs frage ich mich, welche Tiere ich denn direkt an der Straße sehen soll, aber ich werde eines Besseren belehrt. Bewaffnet mit Taschenlampen entdecken unsere lokalen Guides ein Chamäleon nach dem anderen. Manches versucht noch den spontanen Farbwechsel, aber einmal im Scheinwerferlicht gibt es kein Entrinnen. Und dann ist es endlich soweit: ein Mausmaki, eines der kleinsten Lemurenarten in Madagaskar, lässt sich beim Fressen aus nächster Nähe beobachten. Ein echt schönes Erlebnis und hoffentlich der Anfang von vielen anderen Lemuren, die wir noch sehen werden!
10. Tag: Welcome in the jungle
Ich bin wieder weit vor dem eigentlichen Frühstück wach und beobachte das morgendliche Treiben am Fluss, der direkt hinter der Hotelanlage liegt. An einer Stelle mit Niedrigwasser herrscht hier bereits ein reges Kommen und Gehen. Hier dient der Fluss nicht nur zum Überqueren, sondern auch zum morgendlichen Baden, Waschen der Wäsche und der Morgentoilette. Idealerweise werden alle drei Dinge irgendwie gleichzeitig erledigt, auch wenn eine räumliche Trennung wohl sinnvoll erscheint.
Im Hotel befinden sich auch zwei junge Frauen aus Bayern, die ihre Reise durch Madagaskar auf eigene Faust planen. Es ist bewundernswert, was sie uns berichten: sie reisen beispielsweise in den Minibussen der Einheimischen. Bietet ein solcher Bus normalerweise maximal Platz für 15 Personen, so sind 29 Passagiere keine Seltenheit. Daher wird auch jeder dieser Minibusse mitleidig von uns beäugt, denn selbst in der sprichwörtlichen Sardinenbüchse ist wohl mehr Platz. Ein Dreifachhoch auf unseren geräumigen Bus!
Leider macht der Regenwald heute seinem Namen alle Ehre. Es regnet. Nach kurzer Fahrt befinden wir uns mit Regenjacke und Schirm bewaffnet auf dem Weg in den Dschungel. Unser Reiseleiter Dauphin wohnt im Ranomafana Nationalpark und ist hier nebenbei immer noch als Guide tätig. Wenn er also nicht die Lieblingsplätze der Lemuren kennt – wer dann?
Wir werden von regionalen Guides begleitet, die für uns die Tiere aufspüren, denn – ehrlich gesagt – hätten wir keines der bislang entdeckten Tiere alleine gefunden, weil sie einfach so gut versteckt sind. Auf uns wartet ein sehr glitschiger, rutschiger Weg mit etlichen Höhen und Tiefen, die sich als sehr anstrengend entpuppen, weil wirklich kein Schritt sicher ist.
Wir sehen verschiedene Lemuren hoch in den Baumwipfeln, die sich nur mit einer guten Kamera ablichten lassen. Außerdem finden unsere Guides gut getarnte Frösche, Chamäleons, Spinnen und Libellen. Lediglich eine neugierige Manguste hätten selbst wir problemlos erkannt, da sie uns quasi direkt vor die Füße gelaufen ist. Ziel ist eine Aussichtsplattform, die wir auch dazu nutzen, um die letzten Kraftreserven für den Rückweg zu mobilisieren.
Die Fahrt geht weiter durch das bergige Hochland mit seiner roten Erde, den roten Lehmhäusern und den grünen Reisterrassen. Wir besichtigen einen Weinkeller, nur böse Zungen behaupten, es würde hier ausschließlich Essig verköstigt. Außerdem können wir für einen Weinkeller mit florierendem Geschäft relativ wenige Weinreben erkennen. Aber vermutlich handelt es sich um einen absoluten Geheimtipp.
Unser nächster Halt findet bei einer Weberei statt. Hier sind alle Verarbeitungsschritte von der Seidenraupe bis zum fertigen Schal ersichtlich. Es ist erstaunlich, mit welch einfachen, fast schon primitiven Mitteln hier Produkte gefertigt werden. Dauphin erklärt uns, dass jedes Dorf in Madagaskar für eine andere Fertigkeit bekannt ist – Seidenschals, Holzfiguren, Papierprodukte und so weiter. Eine Papiermanufaktur werden wir morgen in Ambalavao besuchen, wo wir heute im Hotel "Aux Bougainvillées" übernachten werden.
11. Tag: Besuch des Anja-Parks
Nach dem Frühstück geht es zu unserer Überraschung nicht zum Bus, sondern in die unmittelbare Nachbarschaft des Hotels, denn es betreibt nebenbei auch eine Papierfabrik. Die Fabrik besteht aus neun Frauen und einem Mann, es gibt Schlimmeres. Wie so oft sieht man auch hier nur die Frauen arbeiten, auch wenn sich der Eindruck aufdrängt, dass diese es vor allem wegen unserer Anwesenheit tun. Hier ist fast alles wahre Handarbeit und in unzähligen Arbeitsschritten entstehen so doch recht ansehnliche Tapeten oder Postkarten mit Blumenmotiven. Die Blumen werden hierbei von Hand aufgetragen, mit dem Hammer platt geklopft und schließlich getrocknet.
Wieder besuchen wir einen einheimischen Markt, um wieder voll auf Trockenfisch und Fleisch zu kommen. Besonders mutiges Federvieh hält sich dabei in mörderischer Absicht ausgerechnet in der Nähe der Fleisch- und Geflügelstände auf, als gäbe es jemals ein Entrinnen.
Unser nächstes Ziel ist der Anja-Park, ein von Kleinbauern gepflegter Trockenwald inmitten einer recht felsigen Landschaft. Tatsächlich werden wir hier bereits von vielen Ringelschwanzlemuren erwartet, die keinerlei Scheu haben und sich auch nicht in irgendwelchen Baumkronen verstecken. Binnen kürzester Zeit sind wir von ihnen umringt, bei einer zu schnellen Bewegung springen sie mit allen Vieren lustig in die Luft, um kurz darauf schon wieder neugierig unsere Nähe zu suchen.
In der Folge zeigt man uns wieder viele verschieden große Chamäleons, alleine hätten wir vermutlich keines der Tiere entdeckt. Die Tiere sind einfach zu gut an ihre Umgebung angepasst und verschmelzen so mit dem Geäst oder den Blättern. Besonders schöne Aufnahmen entstehen, als sie mit Heuschrecken gefüttert werden – mit einer unheimlichen Präzession und Geschwindigkeit schnellt die Zunge heraus und dann knackt es auch schon laut vernehmlich. Na dann guten Appetit.
Nur manche von uns wagen schließlich den beschwerlichen Weg über die Felsen zum Aussichtspunkt über den ganzen Park. Und zugegebenermaßen eignet sich dieser Weg nicht für jeden. Man muss nicht nur schwindelfrei sein, sondern sollte auch etwas klettern können. Am Ende wird man aber mit einem wunderschönen Ausblick von der Felsenkante belohnt. Zum Glück ist niemand von den steilen, glatten Felsen abgerutscht.
Gegen Nachmittag erreichen wir die Oberstadt Fianarantsoa. Inzwischen ist es etwas frischer geworden. Wir erhalten eine Stadtführung, die uns an zahlreichen Kirchen und Klöstern vorbeiführt. Ich war wohl noch nie innerhalb so kurzer Zeit in so vielen Kirchen. Natürlich werden wir auch hierbei von einigen Kindern begleitet, die uns bis zum Bus verfolgen, um eine kleine Unterstützung für ihre Schulhefte zu erhalten. Leider sind die Unterschiede allgegenwärtig: die meisten Kinder, die uns begegnen, tragen keine Schuhe, in der Regel schmutzige Kleidung und haben wohl schon länger nicht mehr richtig gebadet. Viele von uns sind deshalb schon betrübt und traurig, weil eine Unterstützung gleich welcher Art nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein ist. Man weiß schlicht nicht, wo man da anfangen soll.
Unsere heutige Übernachtung erfolgt im Hotel "Zomatel" in Fianarantsoa, das erste Hotel mit einem Pool – und einer bis weit in die Nacht feiernden Hochzeitsgesellschaft. Bis Mitternacht kann ich die Musiktitelabfolge lückenlos nennen, danach muss ich doch irgendwie in den Schlaf gefunden haben.
12. Tag: Krasse Gegensätze
Unser heutiges Ziel ist Antsirabe, das wir bereits an Tag 8 besucht haben. Noch einmal geht es vorbei an Reisterrassen, der braun leuchtenden Erde und den Lehmhäusern. Auf den Feldern wird immer gearbeitet. Hierfür verwenden die vermögenderen Bauern Zeburinder, die an ihrem typischen Buckel zu erkennen sind und bei uns meistens zum Mittagessen verspeist werden. Oftmals sind es aber einfachste Arbeitsmittel: mit Spaten wird der harte Boden bearbeitet, von Hand werden die Reispflanzen einzeln in die Erde gepflanzt und zwischendrin wird immer wieder Wäsche in Gewässern gewaschen und zum Trocknen auf Steinen platziert.
In den Städten herrscht immer buntes Treiben. Die Menschen arbeiten hart für ihr Leben und Überleben. Aber ihnen scheinen oft die Mittel zu fehlen, um voranzukommen. Das wird besonders in den verschiedenen Fabriken deutlich, die wir besucht haben. Es ist schade und traurig, wenn so große Unterschiede derart offensichtlich werden. Wir können uns einfach nur glücklich schätzen, in Europa geboren worden zu sein, fernab von schlimmeren Naturkatastrophen, Hungersnöten und instabilen Regierungen. Man fühlt sich irgendwie komisch, wenn man aus seinem komfortablen Bus steigt, gut und sauber angezogen, hochtechnisiert mit Kamera und Handy und den Menschen dort gegenübentritt. Sie sind alle sehr freundlich, keines der Kinder würde jemals den Bus betreten, alle winken sie lachend vom Straßenrand und schauen neugierig auf unser Display, um das Foto von ihnen zu begutachten.
Bereits die Kleinsten haben eine riesige Verantwortung – so ist es ganz normal, dass Vierjährige ihre jüngeren Geschwister auf dem Rücken tragen und auf sie aufpassen, wenn sie zusammen an der Straße sitzen oder auf dem Feld arbeiten. Wir sehen Kinder, die ihre Eltern bei schwerster körperlicher Arbeit unterstützen und zum Beispiel schwere Reissäcke den Berg hochtragen.
In Antsirabe möchte niemand von unserer Gruppe mit den Rikschas fahren. Diese werden nämlich von Hand gezogen und unsere mitteleuropäischen Gewichte möchten wir den jungen drahtigen Männern einfach nicht zumuten. Sie sind dabei wie ein Pferd vor die Rikscha "gespannt" und rennen so durch den eh schon anspruchsvollen und teilweise unübersichtlichen Straßenverkehr.
Wir erreichen schließlich unser Hotel "Couleur Café", das ein schönes Örtchen inmitten der turbulenten Stadt ist. In den Zimmern befindet sich sogar ein offener Kamin, die Ausstattung insgesamt weicht deutlich von der Ausstattung der letzten Unterkünfte ab und die Vorfreude nach einer warmen Dusche mit breiter Streuung steigt ins Unermessliche. Es ist ein Traum! Die Gartenanlage ist gepflegt, überall blühen Orchideen und andere schöne Blumen. Im Garten hoppeln sogar zwei Kaninchen, die auch nicht auf der Speisekarte landen. Das abendliche Menü schmeckt lecker und macht Neugier auf das Frühstück am nächsten Morgen.
13. Tag: Zurück in der Hauptstadt Antananarivo
Langsam geht es wieder zurück in die Hauptstadt Antananarivo. Zuvor besuchen wir eine traditionelle Aluminiumgießerei. Und da ist es wieder, das Gefühl. Mit einem Mal fühlt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt, in eine Zeit, in der es weder den technischen Fortschritt noch etwa Gesundheitsbestimmungen gab. Die jungen Männer arbeiten ohne Schutzkleidung oder gar Atemmasken, barfuß stehen sie dicht neben dem offenen Feuer mit dem flüssigen Aluminium. Wo das Werkzeug fehlt, dient der eigene Körper als Werkzeug. Es ist eine Arbeit, die man sich für keinen Tag wünscht und wir spüren förmlich, wie ungesund hier die Arbeitsbedingungen sind.
Sicherlich hilft der Tourismus der Firma vor Ort – zumindest die Chefs im Hintergrund werden schon die Hand aufhalten, auch wenn wir an diesem Tag keines der Produkte gekauft haben. Die Gelder wären aber bestimmt besser in ein Mindestmaß an Sicherheitsvorkehrungen und Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter investiert. Und dies gilt letztlich für jede der besuchten Firmen. Sonst ist es ein ewiger Kreislauf: Touristen latschen busladungsweise durch und schießen ihre Fotos und die Arbeiter vor Ort wursteln weiter, ohne auch nur einen Schritt voranzukommen. Das ist traurig und deprimierend.
Auf der Weiterfahrt wird es langsam immer städtischer. Der Verkehr wird noch unübersichtlicher und unser Busfahrer Sony bleibt immer noch gelassen und zirkelt den Bus durch jedes Nadelöhr. Es geht zum Königspalast und damit auf den höchsten Hügel der Stadt Antananarivo, denn der König schaut gerne auf sein Volk. Unser lokaler Guide sieht aus wie ein jamaikanischer Rastamann, seine Dreadlocks reichen bis zum Po und es fehlt eigentlich nur noch die Zigarette, um sämtliche Klischees zu bedienen. Wir erfahren viel von ihm über das Königshaus, können aber den Palast nicht besichtigen, da er seit einigen Jahren renoviert wird. Und letztlich endet unsere Reise am selben Ort, wo sie vor wenigen Tagen begonnen hat, nämlich im Hotel "Le France". Nur wenige trauen sich alleine auf die Straßen der Hauptstadt, denn Dauphins Warnungen sind eindringlich. Und niemand möchte noch am letzten Tag bestohlen werden.
14.-15. Tag: Nachdenkliches Fazit
Abreisetag. Die Koffer sind gepackt, ein letztes Mal steigen wir zu Dauphin und Sony in den Bus. Die Gefühle sind gemischt. Die Kombination aus Mauritius und Madagaskar erschließt sich nicht jedem. Aber wahrscheinlich liegt das auch daran, dass es erholsamer gewesen wäre, hätte man den Badeaufenthalt in Mauritius ans Ende der Reise gesetzt.
Allen ist bewusst, dass Madagaskar ein armes Land ist. Dennoch haben auch mich als langjährigen Afrika-Reisenden die vielen bettelnden Kinder nicht immer schlafen lassen. Und oft habe ich mich gefragt, ob ich die Kinder einfach so ablichten soll. Hat man ihnen Bonbons, Schoko- oder Müsliriegel gegeben, wurden einem diese buchstäblich aus der Hand gerissen. Vor allem aber haben die Arbeitsbedingungen in den unterschiedlichen Betrieben uns schockiert. Die Menschen scheinen um Jahrzehnte zurückgeworfen zu sein. Sie arbeiten körperlich hart und mit primitivsten Mitteln. Wenn man eine solche Rundreise durch Afrika nicht nur als Urlaub versteht, sondern sich traut, genauer hinzusehen und in der Folge bereit ist, sich zu engagieren, dann hilft eine solche Reise.
Sie hilft den Einheimischen leider nicht, wenn man nur Fotos schießt und nichts "mitnimmt". Die Erkenntnis, dass es uns eigentlich saugut geht, wir uns oft an Kleinigkeiten aufhalten und viel zu sehr auf uns selbst fokussiert sind, ist schon ein kleiner Anfang. Vielen Dank an Dauphin und Sony für den unverstellten Einblick in ihr Leben und ihr Engagement.
Nach dem Transfer zum Flughafen sitzen wir in der Wartehalle und warten auf den Flieger, der uns über Zwischenstopps in Mauritius und Istanbul zurück nach Frankfurt bringt.
Leider kommt es dann noch zu einem Zwischenfall am Flughafen Antananarivo, den ich mir gerne erspart hätte. Ich werde nämlich ausgerufen und soll zur Gepäckkontrolle kommen. Die Bandmitarbeiter möchten, dass ich meinen Koffer auf dem Monitor identifiziere. Ich rechne eigentlich mit einer genaueren Inspektion meines Koffers, aber soweit kommt es gar nicht. Der Mitarbeiter hinter dem Monitor fragt lediglich, ob ich etwas zu verzollen hätte. Ich verneine, er vermerkt "ok" auf meinem Boardingpass und der Vorgang ist scheinbar beendet. Zuhause stelle ich dann fest, dass aus meinem Koffer verschiedene Gegenstände gestohlen wurden, darunter meine Gopro-Actionkamera.
Statt Zuhause ankommen, einer erfrischenden Dusche und einer weichen Matratze warten so der Gang zur Polizei, die Anzeigenaufnahme und der Streit mit Turkish Airlines, deren Gepäckreklamation nur online und nur auf Türkisch oder Englisch möglich ist. Schade, dass mein Urlaub so endet.
Wer also jemals zur Gepäckkontrolle am Flughafen Antananarivo gebeten wird, sollte sehr wachsam und vorsichtig sein. Nebenbei hat der Flughafen dort äußerst schlechte Kritiken in puncto Wartezeiten, Korruption und Service.